Frühjahrstagung 2025 Medien-Archiv-Sphären - Nachhaltigkeit und Informationsethik in der Mediendokumentation - 05.05.2025 - 07.05.2025 (Biosphäre Postdam) -

Sensibilisieren, öffnen, schützen – zum Umgang mit der Überlieferung des staatlichen DDR-Radios und -Fernsehens im Deutschen Rundfunkarchiv

Sensibilisieren, öffnen, schützen

Zum Umgang mit der Überlieferung des staatlichen DDR-Radios und -Fernsehens im Deutschen Rundfunkarchiv

Einen Schwerpunkt der Arbeit des Deutschen Rundfunkarchivs (DRA) bilden Archivbestände des Radios und Fernsehens der DDR. In Auseinandersetzung mit diesen wird deutlich, dass ein unabhängiger und freier Rundfunk keine Selbstverständlichkeit ist. Vor diesem Hintergrund stellen der Erhalt und die Zugänglichmachung dieser Geschichtszeugnisse eine wichtige Aufgabe dar, um der Gesellschaft in Form von audiovisuellem Kulturerbe eine Reflexionsmöglichkeit zu bieten. Die Teams des DRA tragen dabei eine besondere Verantwortung, da sich beim Umgang mit historischen Beständen immer wieder auch ethische Fragen stellen, die im Kontext aktueller Geschichtsdeutungen und vor dem Hintergrund der archivfachlichen Praxis (Erschließen, Bewahren, Zugänglichmachen) beantwortet werden müssen. Dabei stellt sich auch die Frage: Wie gehen wir mit Überlieferung um, die von Phänomenen der politischen Einflussnahme, Propaganda, Zensur und diskriminierenden Narrativen oder persönlichkeitsrechtlich relevanten Diffamierungen geprägt ist? In der Erschließung der DDR-Bestände müssen in solchen Fällen dokumentarische Entscheidungen hinsichtlich Abbildung und Sichtbarkeit oder Schutz von sensiblen Metadaten in den Datenbanken getroffen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Recherchierbarkeit der Quellen zu Fragestellungen, die ethisch problematische Themen betreffen, gewahrt bleiben muss - in Abwägung zu den Risiken einer Reproduktion von Diskriminierung, Propaganda und Persönlichkeitsrechtsverletzung über Metadaten in Datenbanken . Darüber hinaus ist das Thema „Zensur in der DDR“, konkret bezogen auf zensierte Inhalte in der Programmgeschichte des DDR-Rundfunks, ein relevantes Thema in der Fachauskunft des Nutzer:innenservice. Anhand der Überlieferungen im DRA können in der Bestandsvermittlung unterschiedliche Mechanismen der medialen Zensur an Beispielen aufgezeigt werden. Das DRA verfolgt dabei Ansätze der Transparentmachung und Kontextualisierung. Im Teilprojekt Retro Spezial DDR macht das DRA als Kooperationspartner im Projekt ARD Retro DDR-Fernseh- und Hörfunkproduktionen in ARD Mediathek und ARD Audiothek der Öffentlichkeit zugänglich. Das Projekt strebt nach einer breiten Öffnung der Archivbestände, um Auseinandersetzung mit den AV-Quellen zu ermöglichen. Bei der Sichtung und Bereitstellung, Metadatenoptimierung und bei der Gestaltung des Angebotes stellen sich jedoch ebenfalls spezifische Fragen zum Umgang mit dem Bestand, der, anders als die ARD Retro-Angebote der ARD-Landesrundfunkanstalten, aus einem strukturell anderen Mediensystem stammt. Wie sensibilisiert man Nutzer:innen im Kontext des Angebotes für die Provenienz der Quellen? Welches Unrecht reproduziert man mit der digitalen Öffnung des Bestandes und an welchen Stellen muss man den Schutz einzelner demgegenüber priorisieren?