Aussichten für Redaktion und Pressearchiv – Stellenweise bewölkt
Prof. Dr. Heribert Prantl (Süddeutsche Zeitung, München)
Wir leben in Zeiten elektronischer und digitaler Sintfluten. In diesen Sintfluten muss ein Medienarchiv Arche Noah sein. Es muss die Informationen bewahren, die eine Redaktion braucht, um die Gegenwart richtig zu bewerten und um die Zukunft mitgestalten zu können. Wenn Redaktionen dieses Gedächtnis nicht mehr haben, schreiben und senden sie hirnlos. Hirnlosigkeit ist aber kein gutes Geschäftsmodell. Die Archive müssen mehr denn je darüber nachdenken, welche Informationen sie wo, wie schnell und auf welche Weise zur Verfügung stellen - und wie sie miteinander kooperieren. Sie müssen zeigen, dass kein Internet und keine x-beliebige Suchmaschine ein gutes Archiv ersetzen kann.
Moderation
Franz Lachermeier (BR, München)
Medienarchive & Cloud Computing - wie passt das zusammen? Überwiegen doch (noch) die Risiken? Welche Herausforderungen gilt es zu meistern und was ist bereits heute mit den zur Verfügung stehenden Technologien möglich? Wie sicher sind meine Daten und welche Geschäftsmodelle existieren bei den Diensteanbietern? Anhand von Beispielen aus laufenden und bereits abgeschlossenen Projekten beantworten die Referenten diese Fragestellungen und erläutern ihre Lösungsansätze.
Cloud Computing: Überblick und Möglichkeiten in Medienkonzernen und Archiven
Mario Meir-Huber (CodeForce GmbH, Wien)
Cloud Computing ist spätestens seit dessen Hype im Jahre 2011 in aller Munde und hat den Weg in die Unternehmen des Landes gefunden. Doch wo viele potentielle Vorteile bestehen, gibt es auch eine große Menge an Gefahren. In der Keynote zum Symposium Medieninformation - München 2012 wird auf die
Möglichkeiten, welche Cloud Computing für Medienkonzerne und Medienarchive bietet, eingegangen.
Hierbei werden einige Fallstudien aus bereits umgesetzten Projekten mit Medienkonzernen und
Archivierungsstellen aufgelistet. In der Keynote wird auch auf die richtige Anwendung dieser Technologie
eingegangen.
Immer auf Abruf bereit – Cloud Computing, Diensteplattformen und Analysis as a Service für Medienarchive
Sebastian Kirch (Fraunhofer-IAIS, Sankt Augustin)
Das Erschließen von Medienarchiven ist eine zentrale Grundlage, um Inhalte umfassend nutzen zu können. Das Erzeugen von reichhaltigen Metadaten gehört daher zu einer wesentlichen Tätigkeit von Medienarchiven. Dazu werden manuelle und automatische Verfahren genutzt und die Ergebnisse miteinander verschränkt. Gerade zur effizienten automatischen Analyse von großen Volumina an digitalen Audio-, Video- sowie Bild-, Dokumentbeständen sind geeignete Hard- und Softwarearchitekturen notwendig, die mit teilweise hohen fixen Kosten verbunden sind. Ansätze des Cloud Computings propagieren nun, einerseits dieselben Analyseleistungen anzubieten und andererseits fixe in weitgehend variable Kosten umzuwandeln. Medienarchive haben damit die Möglichkeit, leistungsfähige Analyseverfahren individuell nach Bedarf („on demand“) für ihre Inhalte zu nutzen. Über Diensteplattformen wird eine solche „Analysis as a Service“ (A3S) entsprechend bedarfsgerecht verfügbar. Über Schnittstellen (APIs) sollen Verfahren und Ergebnisdaten in eigene Anwendungen und Archivinfrastrukturen integriert werden (können). Da aber auch robuste und leistungsfähige Automatismen nur selten eine vollständige Erschließung von Medienarchiven leisten können, ist eine zusätzliche manuelle Annotation und Erzeugung von Metadaten nach wie vor notwendig und sinnvoll. In modernen Ansätzen sind Algorithmen und „Handarbeit Large Scale“ so miteinander verzahnt, dass sich die jeweiligen Stärken kombiniert nutzen lassen. Als Beispiele können hier das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt MediaGrid, das US-amerikanische UnternehmenSpeakerText oder auch der Ansatz der britischen Zeitung The Guardian zur Analyse der Spesenabrechnungen von Parlamentsmitgliedern angeführt werden. Mit den skizzierten Entwicklungen hängt eine Reihe von wesentlichen Fragen zusammen: Wie weit ist der Markt überhaupt bereits entwickelt? Welche Angebote stehen zur Verfügung und wie unterscheiden sich die Anbieter? Was geschieht mit den eigenen Daten? Welche Analyseleistungen können Medienarchive gegenwärtig bereits über Diensteplattformen nutzen? Welche Geschäftsmodelle stehen dahinter? Der Vortrag adressiert die Fragestellungen und behandelt Optionen von Diensteplattformen und Analysediensten für Medienarchive. Er basiert auf Marktstudien und Projektarbeiten zur Medienanalyse via Cloud Computing.
Musikdatenbank in der Cloud
Ralph Piontek und Martin Boehm (ProSiebenSat.1 Produktion, Unterföhring)
In dem Vortrag wird die Lösungsfindung zum digitalen Musikarchiv, dem hausinternen »Musikportal« der ProSiebenSat.1 Media AG erläutert. Hierbei galt es nicht nur die Urheberrechtsbestimmung der Musikfiles zu beachten, also Miteinbeziehung der Rechtsbestimmung seitens GEMA & GVL, sondern auch der Contentzugriffsschutz und der allgemeine Datenschutz der User. Neben der Bereitstellung von Musik als solches, ist ein Hauptbestandteil dieser Software auch die Administration der Musiklisten für diverse Belange des Rechtenachweis Audio. Diese Faktoren wurden in die Entscheidungsfindung mit einbezogen, um zu prüfen, ob das System geografisch fern angesiedelt bei einem externen Dienstleister betrieben werden kann. Das Für und Wider eines Musikarchivs in der Cloud wird kurz dargestellt.
Sender-Workflow in der Unternehmens-Cloud
Gabriele Wenger-Glemser (BR, München)
Im Vortrag werden Anforderungen an Cloud Computing-Lösungen aus Sicht eines stetig wachsenden und sehr stark in die tägliche Produktion integrierten Bewegtbildarchivs dargestellt und Grenzen und Risiken aufgezeigt. Vorgestellt wird eine private Cloud-Lösung, die einen verteilten, schnellen und sicheren Zugriff sowie den Austausch von audiovisuellen Inhalten innerhalb des Unternehmens und seinen verschiedenen Standorten sowie über Unternehmensgrenzen hinweg ermöglicht.
Moderation
Heiko Linnemann (Greenpeace, Hamburg)
Der vfm vergibt in diesem Jahr zum ersten Mal den neu geschaffenen Marianne-Englert-Preis.
Damit sollen qualitativ hochwertige Arbeiten und Projekte von aktiv Studierenden oder
AbsolventInnen von Hochschulen mit dokumentarisch-, archivarischem oder bibliothekarischem
Hintergrund ausgezeichnet werden. Es geht uns dabei um den Blick über den eigenen Tellerrand,
und darum, herauszufinden, welche Themen an den Hochschulen aktuell sind und von unseren
Nachwuchskräften bearbeitet und diskutiert werden. Die drei Preisträger dieses Jahres stellen sich
in dieser Session mit Ihren Arbeiten vor.
Von Angst bis Zorn – negative Emotionen bei der Internetsuche
Gabriele Pätsch (Universität Hildesheim)
Emotionen beeinflussen die Entscheidungsprozesse des Menschen maßgeblich und haben
dementsprechend auch auf die Internetsuche einen großen Einfluss. In den letzten Jahren ist
das Interesse für eine tiefergehende Erforschung von Emotionen im Information Seeking im
Sinne einer holistischen Sicht des Nutzers gestiegen. Erkenntnisse könnten bspw.
- als wichtige Grundlage zur Vermittlung von Informationskompetenz,
- zum passgenauen Einsatz von Interventionen durch automatische Erkennung von
Problemsituationen und
- zur benutzerorientierten Evaluierung von Information-Retrieval-Systemen
dienen. Die Arbeit beschäftigt sich anhand von qualitativen Interviews mit der Beantwortung
folgender Fragen:
Welche negativen Emotionen treten auf?
Welche Ursachen gibt es für diese negativen Emotionen?
Findet Reflektion über die Emotionen während des Suchprozesses statt?
Was ist beim Vorgehen zur Erhebung von Emotionen bei der Internetsuche zu
beachten?
Tennis mal anders - was Schüler heute von Computerspielen aus dem Jahr 1958 lernen können
Canan Hastik (Hochschule Darmstadt)
Noch vor der ersten kommerziellen Vermarktung gab es Erfindungen mit Pioniercharakter, die den
heutigen Computer- und Videospielen vorausgingen. Bereits 1958 standen hunderte von
Besuchern an, um das erste elektronische Tennisspiel, eine zweidimensionale Tennis-Simulation,
auf dem nur 12,7 cm kleinen Bildschirm eines Kathodenstrahlröhren-Oszilloskops zu spielen.
Im Rahmen der Forschungsarbeit zum Erhalt und der Bewahrung elektronischer Spiele und Kunst
sowie komplexen multimedialen Artefakten, wurde in einer ersten Fallstudie auf Basis des
verfügbaren Dokumentationsmaterials dieses Werk wieder ins Leben gerufen. Zusammen mit der
Aufarbeitung der Dokumentation ist ein Bausatz entstanden, der im integrierten
naturwissenschaftlichen Unterricht ab der Mittelstufe an Schulen mit Unterrichtseinheiten zum
Thema Elektrizität in Natur und Alltag Verwendung finden kann.
Der Einfluss sozialer Empfehlungen auf das Selektionsverhalten in Suchmaschinen - eine Eyetracking-Studie der Google-Ergebnisseite
Hendrik Terbeck (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg)
2011 haben sich die bislang weitgehend isolierten Suchmaschinen und sozialen Netzwerke mit der
Einführung von sozialen Empfehlungen bei Google und Bing angenähert. Seitdem können
Empfehlungen von vernetzten Kontakten unterhalb von Suchergebnissen angezeigt werden,
wodurch die Ergebnisevaluation durch ein persönliches Attribut angereichert wird. Spannend ist
aus informationswissenschaftlicher und entscheidungspsychologischer Sicht, wie die
Suchmaschinennutzer die sozialen Empfehlungen bei der Trefferselektion wahrnehmen und ob sie
die Klickentscheidung beeinflussen. Hierzu wurden die Blickbewegungen von 50 Testpersonen
während des Prozesses zwischen der Eingabe eines Suchbegriffes und der Auswahl eines
Ergebnisses gemessen und statistisch ausgewertet. Der Einfluss von sozialen Empfehlungen auf
die Trefferauswahl konnte im Kontext der weiteren Entscheidungsgründe untersucht werden,
indem einer Hälfte der Stichprobe soziale Empfehlungen auf den Suchergebnisseiten angezeigt
wurden und die andere Hälfte als Kontrollgruppe diente.
Moderation
Dr. Gerald Mauler (DIZ, München)
In vielen Medienunternehmen ist der Einsatz von „Social Media“ bereits Wirklichkeit. Im Rahmen dieses Blocks soll aus verschiedenen Blickwinkeln erhellt werden, wie Facebook, Twitter & Co die Welt der Medien verändern. Zudem wird grundlegend der Frage nachgegangen, was „Social Media“ im Wesentlichen kennzeichnet und was zeichnet die soziale Interaktion im Netzwerk aus? Von großem Interesse ist ferner die Relevanz der sozialen Netzwerke für die Medienarchive. Wie können sie die Inhalte des Social Web sinnvoll für ihre Belange und den informationellen Mehrwert für die Redaktion nutzen? Schließlich werden erfolgreiche Aktivitäten einiger Tageszeitungen vorgestellt, die auf die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen dynamisch reagieren.
Was sind »Social Media«? Wie verändern sie die Welt der Medien?
Christian Hoffmeister (Bulletproof Media GmbH, Hamburg)
Social Media ist ein fundamentaler gesellschaftlicher Wandlungsprozess. Die Art wie, wo und was wir kommunizieren und die die Art wie wir rezipieren, verändert sich deutlich. Dabei ist dieser Prozess langsam und stetig und subsumiert sich unter dem Begriff „Social Media“.
Social Media ist dabei weit mehr als Facebook, Twitter und LinkedIn und wird mehr und mehr zu einem Modell für gesamte Unternehmensorganisationen. Diese Unternehmen implementieren die Elemente, welche Social Media definieren, in die gesamte Sturktur der Leistungserstellung und können so große Wettbewerbsvorteile erzielen.
Medienunternehmen hingegen fokussieren sich heute zumeist noch auf die Nutzung von Netzwerken und Tools, um Ihre Inhalte und Botschaften zu verbreiten. Erst langsam fangen einige an, ihre eigene Struktur nach den Prinzipien von Social Media anzupassen.
Medien sind dabei von dem Wandlungsprozess massiv bedroht, andererseits eröffnen sich auch gigantische Potenziale durch Social Media das Geschäftsmodell neu zu interpretieren und auf die gewandelten Rahmenbedingungen anzupassen.
Ziele, Strategien, Leistungswerte – wie Medienarchive und Kultureinrichtungen das Social Web nutzen
Michael Eble M.A. und Jochen Schwenninger
(Fraunhofer-IAIS, Sankt Augustin)
Medieninhalte werden heute in Text-, Foto-, Audio- und Videoform auf Online-Angeboten zur Verfügung gestellt. Archivgüter werden hier zu neuen Angeboten gebündelt und bereitgestellt. Inzwischen stellen Medienarchive und Kultureinrichtungen ihre Archivschätze aber nicht mehr nur in eigenen Angeboten bereit, sondern nutzen zunehmend auch Plattformen des Social Webs. Dazu zählen Netzwerkplattformen wie Facebook und Videoplattformen wie YouTube. Die Ziele dahinter sind eine Steigerung der Reichweite und eine Erhöhung der Lebensdauer dieser Mediengüter. Um diese Ziele zu erreichen, stehen mehrere Strategieansätze zur Verfügung. Ein Vorgehen ist hier, Plattformen des Social Webs als Vertriebskanäle zu nutzen, über die Nutzer auf die eigenen Angebote der Einrichtungen gelangen. Hier tragen Nutzer insbesondere zur Verbreitung von Inhalten in ihre persönlichen Netzwerke bei. Ein weiterer Ansatz ist es, Anwendern die Möglichkeit zu geben, Archivinhalte im Social Web kommunikativ zu verarbeiten. Inhalte erfahren so allgemein sichtbare Anschlusskommunikation, die ihrerseits wieder zum Produktbestandteil werden kann. Im Anschluss daran können Leistungswerte konzipiert werden, die es ermöglichen, die Wirkungen der eigenen Maßnahmen über die Zeit zu vergleichen und ggf. hinsichtlich der Soll-Zustände zu optimieren. Darunter können Aspekte der Bereitstellung und Verbreitung von Archivinhalten sowie der darauf bezogenen Anschlusskommunikation gefasst werden. Sie helfen dabei, Strategien und deren Umsetzung auszuwählen und zu bewerten. Anhand der drei Zugänge - Ziele, Strategien und Leistungswerte - beleuchtet der Vortrag, wie Medienarchive und Kultureinrichtungen in Europa und den USA Plattformen des Social Webs nutzen. Der Vortrag basiert auf Forschungs- und Projektarbeiten zu publizistischen Online-Medien, Kultureinrichtungen und Social Web. Zu den untersuchten Angeboten und durchgeführten Projekten zählen u. a. die ARD-Mediathek und das Galileo Videolexikon in Deutschland, der US-amerikanische History Channel sowie das Auschwitz Memorial in Polen.
Social Media Content als Archivgut
Dominik Frey (Südwestrundfunk, Baden-Baden)
Social Media etabliert eine neue mediale Öffentlichkeit und wird dadurch immer wichtiger für die Berichterstattung. Neben einem interaktiven Dialog mit dem Publikum ergeben sich neue Möglichkeiten der Recherche. Zentrale Herausforderungen für Informationsdienstleister sind die Masse an Inhalten und deren oftmals kurze Lebensdauer: Wie können relevante Social Media Inhalte gefunden und archiviert werden? Das von der EU geförderte Projekt ARCOMEM erarbeitet Antworten auf diese Fragen und entwickelt entsprechende Methoden und Software. Zusammen mit der Deutschen Welle ist der Südwestrundfunk (SWR) Projektpartner im Bereich Medienarchive. Die zentrale Idee ist, die Folgen eines Ereignisses im Social Web zu analysieren, relevante Inhalte zu archivieren und für Redakteure strukturiert aufzubereiten.Thesen(1) Social Media bietet wertvollen Zugang zu öffentliche Diskussionen(2) Qualität und Fokus der Webarchivierung kann durch Social Media verbessert werden.(3) Ein strukturierter Zugang zu Social Media Daten bietet Redakteuren einen entscheidenden Mehrwert: das Webarchiv wird zum Analysetool.
Social Media bei Tageszeitungen: Praxisbeispiele
Markus Hofmann (Badische Zeitung, Freiburg/Br.)
Facebook, Twitter, Google+, Tumblr, Pinterest: Im Social Web hat sich die Zahl der Distributionskanäle, die News-Webseiten bespielen können, vervielfacht. wie verändert sich dadurch der journalistische Produktionsprozess? Welche Regeln gelten in der Welt von Facebook und Twitter? Wann bekommen journalistische Inhalte "Likes" - und was sind sie wert? Markus Hofmann nennt Erfolgsfaktoren für Journalismus im Social Web und stellt internationale Nachrichten-Webseiten vor, die mit neuen Formaten, Applikationen und Werkzeugen Vorreiter sind.
Moderation
Christoph Rohde (NDR, Hamburg)
Im Workshop Fernsehen wird es im Wesentlichen um die Veränderungsprozesse bei der Einführung einer multimediafähigen Datenbank bei ProSiebenSat.1 und Einführung von Euscreen durch den ORF gehen. Aus den Perspektiven der verschiedenen Fachbereiche werden thesenartig die Ziele und die Anforderungen an die beiden Projekte, die Herausforderungen und Hindernisse, die Ergebnisse und die gewonnenen Erkenntnisse für zukünftigen Projekte skizziert. Im Anschluss werden die Redner sich den Fragen des Publikums stellen. Im Zentrum der Diskussion steht folgende Frage: Was können die Beteiligten den Zuhörern als Erkenntnisgewinn mit auf den Weg geben?
Veränderungsprozesse bei der Einführung eines filebasierten Produktionsarchivs bei ProSiebenSat.1
Alexander Engelhardt (DokuCenter, Unterföhring)
Tomislav Markovac (Media Base Systems, Unterföhring)
Jens Schmidt (Redaktion Abenteuer Leben, Unterföhring)
Mit dem Projekt „Factual Archive“ hat ProSiebenSat.1 Ende 2011 sein Produktionsarchiv für den aktuellen Bereich neu aufgestellt. Durch die Einführung des neuen Content Management Systems „FARO“ wurden nicht nur zwei alte CMS-Systeme abgelöst, sondern auch die Materialarchivierung und -bereitstellung von Band auf Videofile umgestellt. Das beinhaltet Anbindungen an die Produktionsbereiche Schnitt und Regie, andere Archive, externe Produktionsfirmen und Bildagenturen, sowie einen zentralen Archivingest für den bisherigen Bandbestand.
Im Rahmen des von der ProSiebenSat.1 Group geleiteten Großprojekts waren neben der Fachabteilung DokuCenter (Dokumentation & Archiv) von Anfang an Kollegen aus den Redaktionen, dem Schnitt und Ingest sowie weiteren, technischen Bereichen beteiligt.
Welchen Veränderungsprozessen mussten wir uns stellen und welche Überraschungen gab es? Was war der größte Erkenntnisgewinn bei der Durchführung des Projekts? Was können wir anderen mit auf den Weg geben, so ein Projekt erfolgreich umzusetzen? Diese Fragen werden im Mittelpunkt der Präsentation stehen, in der Verantwortliche aus dem Fachbereich, der Redaktion und dem Technikbereich den Projektverlauf und ihre Erkenntnisse aus Ihrer eigenen Sicht darstellen werden.
Veränderungsprozesse bei der Einführung von EUscreen
Michael Vielhaber (ORF, Wien)
Clemens Hofeneder (ORF, Wien)
Obwohl die Digitalisierung von audiovisuellem Content ständig voranschreitet, bleibt der Zugang zu den entsprechenden Archiven, insbesondere Fernseharchiven, für die breite Öffentlichkeit schwierig bis unmöglich. Von bilateralen oder gar internationalen Crossrecherchen ganz zu schweigen. Mit EUscreen (www.euscreen.eu) ist nun aber seit zweieinhalb Jahren ein EU-Projekt im Entstehen, dessen Ziel im September 2012 die Schaffung eines Onlinezugangs zu über 30.000 Dokumenten aus den unterschiedlichsten europäischen Fernseharchiven ist. Koordiniert wird EUscreen von der Universität Utrecht und vereint über 30 unterschiedliche Partner aus 20 europäischen Ländern. Zu dieser Kooperation zählen Fernseharchive – wie auch das des ORF - aber auch Forschungsinstitute und Technologiepartner.
Über die Herausforderungen und Potentiale eines solchen Projekts aus der Perspektive eines Contentproviders geben die ORF-Koordinatoren Clemens Hofeneder (IT) und Michael Vielhaber (Content) Auskunft und berichten von psychodynamischen Zwängen, kafkaesken IT-Prozessen und was das Sinnbild „Baumhaus“ mit einem solchen Projekt zu tun haben könnte.
Moderation
Dr. Heiner Schmitt (fg7 im VdA, Ingelheim)
Medienarchive machen mobil, das Generalthema unserer Tagung gilt nicht nur für Presse- und Rundfunkunternehmen und deren Archive, sondern natürlich auch für die klassischen Filmarchive. Um im Zeitalter des Internet und der weltweiten Vernetzung und Kommunikation weiter wettbewerbsfähig zu bleiben, sind deshalb die Digitalisierungsanstrengungen eine wichtige Voraussetzung für eine zeitgemäße Nutzung und Verwertung audiovisueller Bestände; oder anders gesagt: Ohne Präsentation von (nicht verwertungsfähigen) Dokumenten im Netz ist man heute so gut wie nicht mehr existent, lockt zumindest keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor.
Unsere Referenten, allen voran Maike Albers von transfer media und Angelika Hörth, in deren Verantwortungsbereich die Rundfunküberlieferung (Radio wie Fernsehen) der ehemaligen DDR fällt, sind in besonderer Weise mit der Zukunftssicherung befasst: Maike Albers mit ihren Dienstleistungsunternehmen und Angelika Hörth, die sich intensiv um Kooperation und Joint Venture mit Dienstleistern kümmert. Ob hier eine Verbindung von DRA und transfer media möglich ist oder sich sogar anbahnt? Wir werden es erfahren.
Wilhelm Reschl, unseren Freund und Gastgeber bei der Stuttgarter Frühjahrstagung, plagen andere Probleme: Ihm obliegt die Fürsorge für die Landesfilmüberlieferung, die von den originären Trägern, darunter sehr viel 8mm-Filmmaterial, auf neue nutzungsfähige Formate gebracht werden muss, soll sie nicht für immer verschwinden. Sicherung der Bestände, und im Zeitalter der Bits und Bytes deren Digitalisierung (hier schließt sich der Kreis), sind für diese Sammlung mit ihrem hohen zeitgeschichtlichen Wert unabdingbar.
Freuen Sie sich auf einen spannenden und interessanten Nachmittag.
Suchen und Finden – das digitale Medienarchiv
Maike Albers (transfer media, Potsdam)
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft im Rahmen des Forschungsprogramms THESEUS geförderte Projekt „mediaglobe“ beinhaltet mehrere aufeinander aufbauende Schritte und neu entwickelte Technologien. mediaglobe hat zum Ziel, Medienarchiven ein System für die Erschließung, Verwaltung, Suche und Verwertung von audiovisuellen Materialien zur Verfügung zu stellen. Eine Voraussetzung für das Finden der Inhalte ist die Möglichkeit einer intelligenten semantischen Suche innerhalb der riesigen Datenbestände. Deshalb konzentriert sich mediaglobe auf die Optimierung des gesamten Digitalisierungsworkflows und die automatisierte Analyse der AV-Inhalte. Denn auf diesem Wege lassen sich die für die semantische Suche relevanten Metadaten gewinnen. „mediaglobe“ steht im April 2012 kurz vor dem Abschluss. In dem Vortrag wird das ganzheitliche mediaglobe-System der Analyse, Verwaltung und Verwertung von digitalem AV-Content in Form eines Prototypen-Demonstrators praxisnah mit all seinen Möglichkeiten und Leistungsspektren vorgestellt.
Super 8 in Bits und Bytes – die digitale Zukunft der Landesfilmsammlung
Wilhelm Reschl (Haus des Dokumentarfilms, Stuttgart)
Als vor gut zehn Jahren die Landesfilmsammlung Baden-Württemberg entstand, war die analoge (Filmarchiv-)Welt – scheinbar – noch in Ordnung.
Schon wenige Jahre später begann auch bei der LFS die “Digitalisierung“.
Wie damit bei dem wohl größten Amateurfilm-Archiv in Deutschland umgegangen wird soll im Mittelpunkt des Berichts stehen.
Die Digitalisierungs- und Erschließungsstrategie des DRA und die Rolle von Kooperationsprojekten
Angelika Hörth (DRA, Potsdam-Babelsberg)
Vorgestellt wird die Digitalisierungs- und Erschließungsstrategie des DRA mit ihren zeitlichen und inhaltlichen Zielen für seine Audio- und Videobestände. Zwei Aspekte werden dabei miteinander verzahnt: die Digitalisierung, mit der Ablösung vom trägergebundenen Material und der Überführung in digitalen Content und die Erschließung, die diesen in den Datenbanken schnell und treffsicher recherchierbar macht. Kooperationsprojekte unterstützen dabei die Ziele bei gegebenen Mitteln erfolgreich umzusetzen.
Moderation
Mary Ellen Kitchens (BR, München)
Die Audio-Session wird im Chorprobensaal des Bayerischen Rundfunks abgehalten, ein Raum in dem Klang die zentrale Rolle spielt. Die drei ReferentInnen zeigen in verschiedensten Szenarien auf, wie Metadaten dazu instrumentalisiert werden können, um EndanwenderInnen mehr Kontextinformation zu Medien verfügbar zu machen.
Die Vorträge behandeln Themen wie die intelligente Verknüpfung zwischen Musikaufnahmen und im Web abrufbaren Noten-Digitalisaten, die Anreicherung von Suchergebnissen und Webseiten durch Verlinkungstechniken, und die Etablierung eines Digitalisierungsprozesses, bei dem der/die AnfordererIn sich stets aktuelle Information über den Status der zu digitalisierenden Audioeinheiten anzeigen lassen kann.
Ansätze zur Verlinkung von Audioaufnahmen mit Notenbild und Musikthemensuche
Vladimir Viro (LMU München)
Mit jedem Tag wachsen die digitalen Bestände der Medienarchive. Nach Metadaten werden die Inhalte selbst digitalisiert und den Nutzern zur Verfügung gestellt. Mit den nun digitalen Medien wird es neben der einfachen Bereitstellung möglich, passende Inhalte automatisch zusammenzuführen. Und nicht nur auf der Metadaten-Ebene.
Der Vortrag erzählt von den entsprechenden Arbeiten im BR-Medienarchiv. Wir verlinken die Musikaufnahmen mit den passenden Musiknoten und verwenden dafür die Metadaten, sowie die Audio- und Notendigitalisate selbst. Neben den BR-Digitalisaten verwenden wir die Daten aus dem Bestand der Petrucci Musiknotenbibliothek. Die Metadaten werden mit Hilfe der Notensuchmaschine Peachnote.com abgeglichen.
What was that about? Using metadata to put audio assets in context
Fran Alexander (BBC, London)
This paper is intended to introduce the audience to key concepts in Knowledge Organisation theory and how it relates specifically to audio asset management. The history of metadata and the development of knowledge organisation systems is outlined, starting with lists and catalogues, which are some of the earliest known forms of writing. Controlled vocabularies, taxonomies, thesauri, and ontologies are described and what can be done with them and why they are useful is explained. Free text search is compared and contrasted with more formal indexing and browse systems. Key differences in approach that are needed when indexing audio assets as opposed to text documents, still images, or video are pointed out and some automated techniques and technologies that can be used with audio content are described. The concepts of Linked and Open Data are covered, illustrated with some case studies of how they have been used by various organisations including governments, archives, libraries, and broadcasters, and the paper concludes by suggesting ways to think about how Linked Data projects could be devised and planned.
Einführung in die Audio-Digitalisierungsstraße des Bayerischen Rundfunks
Jan Strack (BR, München)
In einem Massendigitalisierungsprojekt der Hörfunkarchive des Bayerischen Rundfunks (BR) sollen in den nächsten fünf Jahren 240.000 analoge Tonbänder digitalisiert und in den digitalen Langzeitspeicher (IDAS) überführt werden. Die Audio-Digitalisierungsstraße – bestehend aus acht parallel betriebenen Bandmaschinen und einer softwarebasierten Steuer- und Digitalisierungseinheit – liefert die notwendige Infrastruktur für diesen neuen, beschleunigten Digitalisierungsprozess. Über IT-Schnittstellen ist die Audio-Digitalisierungsstraße vollständig in die Systemlandschaft der Hörfunkarchive integriert.
Um die Effizienz des Digitalisierungsprozesses weiter zu erhöhen, wurden die aufeinander folgenden Arbeitsschritte „Digitalisierung“ und „Audiobearbeitung“ konsequent voneinander getrennt. Neben der systematischen Vorgehensweise der Hörfunkarchive können Nutzerinnen und Nutzer die Digitalisierung von Tonbändern – beispielsweise für einen anstehenden Sendeeinsatz – auch gezielt per Medienbroker in Auftrag geben und den fortschreitenden Bearbeitungsstand online verfolgen.
Der Vortrag gibt einen Überblick über den Aufbau und die Funktionsweise der Audio-Digitalisierungsstraße, den beschleunigten Digitalisierungsprozess sowie den aktuellen Projektstand. Anschließend kann die Audio-Digitalisierungsstraße im Rahmen der Führung durch die BR-Hörfunkarchive besichtigt werden.
Moderation
Dr. Ute Essegern (Dresdner Druck- & Verlagshaus, Dresden)
Das zentrale Thema der Tagung spiegelt sich auch im Workshop der Pressearchive wider. Dieser beschäftigt sich jedoch nicht mit der „content cloud“ an sich oder der Frage, ob die Zukunft der deutschen Pressearchive in eben jener „Wolke“ liegt. Vielmehr stehen unterschiedliche Aspekte von Zukunft und Mobilität im Mittelpunkt der drei Vorträge. Zukunftsfähig zu sein heißt für Pressearchive vor allem, alte Arbeitsweisen zu überprüfen und eigene, passgenaue Überlebensstrategien zu entwickeln. Es gilt, sich den spezifischen Anforderungen zu stellen, welche die unterschiedlichen Nutzer an ihre Dokumentationen und Rechercheabteilungen stellen. Dabei gibt es kein Schema F, das beliebig kopiert werden kann. Aufgabe der Pressearchive ist es, mit den technischen und verlegerischen Entwicklungen ihrer Unternehmen Schritt zu halten und möglichst aktiv an der Ausgestaltung mitzuwirken. Wollen Mediendokumentare zukunftsfähig sein, bedeutet es auch, mobil zu sein und auf die Nutzer zuzugehen, eigene Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, Teil der Nutzergruppen zu werden und offene Felder im Unternehmen zu besetzen, um so letztendlich die eigenen Stärken in das Unternehmen gewinnorientiert einbringen zu können. Deutlich wird dabei auch, dass sich Berufsbilder zunehmend vermischen. Wie jedes Jahr können an dieser Stelle nur einzelne Beispiele vorgestellt werden.
Neue Anforderungen der Redaktion an die Recherche im SZ-Archiv
Michael Langgärtner (DIZ, München)
Im Zusammenhang mit der Guttenberg-Affäre und den WikiLeaks-Veröffentlichungen ist deutlich
geworden, dass umfangreiche Datenmengen, die die Redaktion rasch zu sichten und zu prüfen hat,
für alle Beteiligten neue Herausforderungen darstellen.
Die jüngsten Entwicklungen gehen auch mit neuen Anforderungen an die Rechercheabteilung im SZ-Archiv einher. Um künftig investigative Recherchen vor diesem Hintergrund zufriedenstellend
unterstützen zu können, bedarf es geeigneter technischer Hilfsmittel und Werkzeuge.
In enger Kooperation mit der Redaktion können Erfahrungen aus der Praxis weitergegeben werden,
auf welche Grenzen wir gestoßen sind, und welche Anstrengungen seitdem im Archiv unternommen
wurden die Recherchemöglichkeiten zu verbessern.
Der Pressespiegel des Bayerischen Rundfunks in der digitalen Welt
Helge Duda (BR, München)
Der seit Mitte der 70er Jahre werktäglich erscheinende Pressespiegel ist für die medienpolitisch Verantwortlichen und die Redakteure ein unverzichtbares Informationsmittel. Einst mit Schere und Klebstoff umständlich zusammengesetzt, anschließend gedruckt und mit der Hauspost verteilt, wird er heute elektronisch hergestellt und über das Intranet und Internet zugänglich gemacht. Die Presselandschaft ist seit Jahren in rasante Bewegung geraten. Ursprünglich „Presseausschnitte Hörfunk und Fernsehen“ genannt, beinhaltet der „Pressespiegel Medien“ heute auch Informationen über Printmedien und Internet. In dem Referat soll die Vorgehensweise bei der Produktion des Pressespiegels erläutert werden und problematische Aspekte benannt werden.
Datenrecherche in der Redaktionsarbeit: Das Beispiel Handelsblatt
Dr. Jörg Lichter (Handelsblatt, Düsseldorf)
Die Einrichtung eines Newsrooms vor zehn Jahren hat nicht nur die redaktionelle Arbeit beim Handelsblatt verändert, sondern auch die Entwicklung der Pressedokumentation alten Stils zum Information & Research-Desk (I&R) von heute enorm beschleunigt. Die Entwicklung verlief in drei Stufen und führte im Ergebnis dazu, dass I&R heute ein integraler Bestandteil der Handelsblatt-Redaktion mit einem eigenen Desk im Newsroom ist. Zu Beginn sind die organisatorischen und technischen Voraussetzungen dieses Prozesses zu beleuchten, bevor anhand ausgewählter Beispiele das Zusammenspiel zwischen schreibenden und nichtschreibenden Redakteuren aufgezeigt wird. Dabei wird deutlich, dass sich nicht nur das Selbstverständnis der „Dokumentare“ verändert hat. Auch die Anforderungen haben sich geändert. Im Mittelpunkt steht nicht länger die kleine Textrecherche – die die schreibenden Kollegen heute größtenteils selbst erledigen – sondern das komplexe Informationsprodukt, wobei sich der Schwerpunkt immer stärker auf die Recherche und Aufbereitung numerischer Daten verlagert hat.
Moderation
Felix Kresing-Wulf (vfm, Bad Zwischenahn)
Die Verwaltung und Strukturierung von Metadaten gehört zu den klassischen Aufgaben von Medienarchivaren und Mediendokumentaren. In den vergangenen Jahren haben sich jedoch die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit erheblich verändert. Die traditionellen monomedial ausgerichteten Regelsysteme können multimediale Dokumentstrukturen meist nur unzureichend abbilden. Zusätzlich entstehen durch die digitale Produktion und Verbreitung von Texten, Bildern, Audio- und Videoaufnahmen neue Formen des Workflow, die sowohl eine kooperativere als auch eine stärker individualisierte Form der Erschließung und Weiterverarbeitung dieser Dokumente ermöglicht. Im Rahmen dieses Blocks werden unterschiedliche Ansätze zur Generierung und Verarbeitung von Metadaten vorgestellt, die auf der Web-Technologie basieren.
Übersicht zu Ordnungssystemen im www
Prof. Dr. Christian Wolff (Univ. Regensburg)
Ausgehend von der Konjunktur des social tagging stellt der Beitrag kooperative und soziale Erschließungsmethoden und Rechercheverfahren im World Wide Web vor. Vor- und Nachteile partizipativer Medienerschließung werden vorgestellt. Besondere Berücksichtigung finden dabei die Anforderungen nicht-textueller Medien wie Bild, Ton oder Video.
ARD-Normdatenbank – Vorteile der gemeinsamen Nutzung und Pflege von Normdaten in der ARD
Andreas Dan (DRA, Frankfurt am Main)
Im digitalen Zeitalter sehen sich Medien- und Rundfunkarchive mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Rechercheerfahrene redaktionelle Nutzer erwarten schnelle und präzise Suchergebnisse – am besten medienübergreifend. Im Produktionsalltag gilt es digitale Medien und ihre Metadaten ohne Informationsverlust zwischen Archivdatenbanken und Planungs-, Produktions- und Sendesystemen auszutauschen. Dies bedingt eine immer stärkere Vernetzung der Systeme untereinander. Ein wichtiges Werkzeug zur Bewältigung dieser Herausforderungen stellen Normdaten dar. Sie gewährleisten eine konsistente Dokumentation und verbessern somit (crossmediale) Recherchen sowie den Datenaustausch.
Die Medienarchive der ARD haben den Nutzen gemeinsamer Normdaten erkannt und mit der Normdatenbank ein zentrales System geschaffen, in dem normierbare Daten (z. B. Personen, Werte, Vokabulare) verwaltet und gepflegt werden können. Jedes ARD-System kann über eine generalisierte Schnittstelle die Normdaten nutzen, wodurch die Kommunikation und der Austausch zwischen den angeschlossenen Systemen wesentlich verbessert werden. So fördert die ARD-Normdatenbank die Vernetzung der verschiedenen ARD-Systeme. Zudem sollen zukünftig über die Normdatenbank auch externe Informationsquellen für die ARD verfügbar gemacht werden.
In der Präsentation werden die Vorteile der Nutzung von Normdaten dargestellt und die Struktur und Funktion der ARD-Normdatenbank anhand praktischer Beispiele erläutert.
Wikipedia als Ordnungssystem? – Über den Einsatz automatischer Erschließungsverfahren für ZEIT-Online
Ron Drongowski (Zeit-Online, Hamburg)
Die Ordnung innerhalb der Wikipedia ist handgemacht. Über die Kategorie des Textes, die Disambiguierung eines Begriffs und die Taxonomie des Ganzen entscheiden Menschen. Wikipedianer sind gut organisiert und ihre Rollen innerhalb der Community klar definiert. Gleichzeitig verfügt schon die deutsche Wikipedia über eine beeindruckende Menge an freiwilligen Helfern.
ZEIT ONLINE hat zwar eine sehr engagierte Redaktion und eine sehr aktive User-Community, als tagesaktuelle Website fühlen wir uns aber der Aktualität verpflichtet, weniger der Dokumentation. Unseren Benutzern wollen wir dennoch einen möglichst vollständigen Blick auf unsere Inhalte gewähren - also auch den Blick in die Vergangenheit. Wichtiger noch: Ein Benutzer, der unser Angebot mit einer konkreten Frage besucht, soll auch eine umfassende Antwort erhalten. Googelt er beispielsweise eine bestimmte Person und folgt einem Link auf einen unserer Archivtexte, sollen ihm auch alle aktuellen Texte in denen diese Person vorkommt, angeboten werden.
Einerseits wenden wir also unsere gesamte redaktionelle Kraft auf, um das tagesaktuelle Geschehen akkurat zu beschreiben und zu ordnen, andererseits brauchen wir eine Ordnung für das Gesamtarchiv von ZEIT und ZEIT ONLINE. In den letzten 65 Jahren haben sich da immerhin einige hunderttausend Texte angesammelt. Um das Problem zu lösen, werden unsere Dokumente mit automatischen Erkennungsverfahren annotiert. Derzeit extrahieren wir alle vorkommenden Personen, Organisationen, Orte und Themen und zeichnen jeden Text damit aus.
Annotierte (XML-) Dokumente bilden das Fundament für alle Konzepte rund um das "Suchen und Finden" von Inhalten auf ZEIT ONLINE. Sie lassen sich über unseren Suchindex in beliebiger Kombination abfragen. Sie lassen sich in Tag-Clouds oder Facetten abbilden. Sie erlauben statistische Analysen (welche Themen stehen im Zusammenhang mit welchen Personen, Organisationen oder Orten). Und letztlich steht uns damit die Welt des Web 2.0 und des SemanticWeb offen. Über die dbpedia dann auch das handgemachte Wissen der Wikipedia.
Moderation
Siegfried Steinlechner (ORF, Wien)
Manch einem mag der Titel widersprüchlich erscheinen: während Medienarchive Lösungen für Jahrhunderte suchen und finden sollten, ist das Geschäft der Public Relations sehr auf die Gegenwart und maximal nähere Zukunft ausgerichtet. Zudem kommt, dass jede Art von Unternehmenskommunikation meist nicht zu den Kernkompetenzen von Archiven gehört. Wenn überhaupt werden diese Aktivitäten meist von übergeordneten Stellen wahrgenommen. Doch: wer in der Gegenwart nicht wahrgenommen wird, wird keine Zukunft haben.
In diesen Spannungsfeldern finden sich die Themen unserer Session:
-
Interne – externe Kommunikation
- Marketing und Vermarktung, Produktmanagement
- Zielgruppen
- Vermittlung
- Multimedialität
- (gemeinsame) Plattformen
- Die Rolle von Web 2.0
Unsere Referenten kommen aus einem Staatsarchiv, einem Museum, einem Printarchiv, einem Rundfunkarchiv und aus der IT-Branche. Durch die unterschiedlichsten Zugänge zum Thema erwarten wir eine spannende Diskussion.
CIOs und Archivare: zwei Zielgruppen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten – ein Lösungsansatz
Mag. Hannes Kulovits (Österreichisches Staatsarchiv, Wien)
und Alexander Leiningen-Westerburg (Atos, Wien)
Das österreichische Bundeskanzleramt hat gemeinsam mit dem Österreichischen Staatsarchiv das »elektronische Archiv für Österreich« errichtet. Es dient der sicheren und ewigen Speicherung von elektronischen Akten des Bundes. Mit der Beschaffung der Generallizenz wurde sichergestellt, dass dieses Archiv von allen österreichischen Bundesländern, Städten, Gemeinden und sonstigen öffentlichen Körperschaften lizenzgebührenfrei genutzt werden kann; gleichzeitig können mit dieser Lösung die Synergieeffekte, die sich durch einen gemeinsamen Betrieb und Wartung ergeben, voll ausgeschöpft werden. Selbstverständlich müssen die potentiellen Kunden auch von der Sinnhaftigkeit einer gemeinsamen Lösung überzeugt werden. Die Zielgruppen sind einerseits die Archivleiter und andererseits die CIOs der jeweiligen Organisationseinheiten. Beide Zielgruppen kommen aus gänzlich verschiedenen Unternehmenskulturen - überspitzt formuliert planen und handeln Archivare für Jahrhunderte, während behördliche IT-Leiter, getrieben von immer neuen Techniken und Hypes, Entscheidungen für das Hier und Jetzt treffen müssen. In den meisten Fällen decken diese Entscheidungen die Bedürfnisse der nächsten 2-3 Jahre ab, selten, dass IT-Strategien auf fünf bis zehn Jahre ausgelegt sind. Das elektronische Archiv für Österreich folgt allerdings einem Grundprinzip: Kein Dokument darf verloren gehen, weder heute noch morgen und auch nicht in hundert Jahren. Jedes Dokument muss auch in tausend Jahren noch lesbar sein, für IT-Experten schwer vorstellbar, für Archivare unabdingbar. Um beide Welten optimal ansprechen zu können, hat sich das Österreichische Staatsarchiv entschlossen, gemeinsam mit dem österreichischen Bundeskanzleramt und dem Lieferanten der Lösung, Atos IT Solutions and Services, eine gemeinsame Marketinggruppe zu installieren. Diese treibt in enger Abstimmung teilweise getrennt, teilweise gemeinsam die Vermarktung dieser sowohl technisch als auch organisatorisch herausragenden Lösung voran.
Archivische Vermittlung und Museen 2.0: Spotlights auf eine Demokratisierung von Sammlungen
Gregor Dill (Sportmuseum Schweiz, Basel)
Versatzstücke herrschaftlicher Legitimierungszwecke, die Sammlungen in vordemokratischer Zeit zu erfüllen gehabt haben, bleiben uns bis heute erhalten. Der Kurator, der Fürst von heute, schreibt in der Regel vor, welches Sammlungsgut dem Publikum zugänglich sein soll, - und welches nicht. Er dürfe nicht überfordert werden, der Besucher. Erst erforschen dann vermitteln, heisst es. Dabei ist längst eine andere Zeit angebrochen. Navigations-, Kommunikations- und Informationsbeschaffungskultur haben sich mit dem Web 2.0 radikal verändert. Der Besucher ist informationsdschungelfähig geworden. Das Vorgekaute interessiert ihn nicht mehr, ist von gestern. Angezogen fühlt er sich von der Masse und vom Vakuum, das Leerstellen generieren: Fragen, Offenes, Ungeklärtes. Zu Kommentierendes. Der Besucher will Experte, Co-Kurator sein. Gerade zeitgenössische Sammlungen, deren Objekte von den Geschichten leben, die an ihnen kleben, sollten nach dieser Publikumsdienstleistung lechzen. Was tun?
Vermarktung einer Tageszeitung auf verschiedenen elektronischen Plattformen und als neu zusammengestellte Produkte
Hella Schmitt (DIZ, München)
Über die klassische Content-Vermarktung an Broker und PMG hinaus besteht in den kommenden Jahren vermehrt der Bedarf nach multichannel-fähiger Aufbereitung der im Print erzeugten Inhalte. Technische Basis hierfür ist die Aufbereitung der Daten im XML-Format, um diese beispielsweise als ebook oder app einer Zweit- oder Drittverwertung zuzuführen. Bei DIZ wird derzeit in Zusammenhang mit der Südddeutsche Zeitung eBook-Produktion für „Neue Produkte“ ein halbautomatisierter Workflow auf der Basis der für die Content Vermarktung bestehenden Plattform und mittels eines neuen Tools etabliert. So können z. B. hochwertige Sonderthemen (Konzern-)quellenübergreifend neu aufbereitet und auf allen Plattformen und Endgeräten vermarktet werden (html 5). Zudem kann der bestehende journalistische Inhalt mit neuem (multimedialen) Content angereichert und redaktionell überarbeitet werden. Es kann über erste Erfahrungen mit dem Produktmanagement und der Vermarktung der eBooks (Start Buchmesse 2011) berichtet werden.
Recherchepunkt im BR Studio Franken – DokumentarInnen in der vernetzten Aktualität
Susanne Wick und Elga Oheim (BR – Studio Franken, Nürnberg)
Das Projekt „Vernetzte Aktualität“ verfolgt im Studio Franken seit 2009 das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den aktuellen Redaktionen von Fernsehen, Hörfunk und Online voranzutreiben. Kernstücke des Konzepts sind der gemeinsame Nachrichtentisch sowie die trimediale Vorplanung und Recherche - mit einem multimedialen Recherche-Arbeitsplatz für Dokumentare.
Bei dem Erfahrungs- und Lernprozess - mittlerweile in der Praxis – reflektieren wir kontinuierlich unsere Archivposition im redaktionellen Umfeld. Welche Kompetenzen können wir als ausgebildete Mediendokumentare einbringen bzw. weiter ausbauen? Wie können wir als Produktionsarchiv mit regionalen Inhalten die Nutzung von Archivmaterial und anderen Informationsressourcen steigern, um bei dem erklärten Ziel „mehr Qualitätsjournalismus“ mitzuwirken?
Eine Welt ohne Archive – eine Welt ohne Gedächtnis
Dr. Johannes Grotzky (Hörfunkdirektor BR, München)
Schlussvortrag:
In der analogen Welt wurden Archive in Längenmaßen nach Regalkilometern, Filmkilometern oder dem Umfang der Blattsammlungen bemessen. Diese Einheiten sind die heute von Giga- und Terrabyte abgelöst worden sind. Wir müssen aber feststellen, dass über Jahrhunderte hinweg der Content Konstante, Speicherung und Distribution hingegen die Variablen in der Geschichte der Archive.
Seit Leopold von Ranke sind Archive für Historiker, Publizisten, Politiker, aber inzwischen auch für die Rechtsprechung etwa in Kriegsverbrecherprozessen als anerkanntes Gedächtnis unserer Geschichte nicht mehr fortzudenken. Dem Internetnutzer muss jedoch klar sein: Google, Yahoo, Lycos - und wie sie alle heißen - sind Suchmaschinen, aber keine Archive. Es fehlen deren Ergebnissen die Systematik der Erschließung, eine erkennbare Priorisierung der Auswahl und die einordnenden Metadaten. Gerade das digitale Zeitalter also verlangt nach noch mehr fachkundiger Dokumentation, damit der gewaltige digitale Wissensbestand ein verlässliches Gedächtnis unserer Welt bleiben kann.