50° 0′ 0.0” N,8° 16′ 16.16” E – das sind die Koordinaten, die ungefähr den Mittelpunkt der Stadt Mainz, wenige Meter vom Staatstheater entfernt markieren. Mainz liegt also auf dem 50. Grad nördlicher Breite und dokumentiert das auch stolz mit einem kupferfarbenen Band, das – nicht immer geographisch ganz korrekt – mitten durch die City verläuft. Es wird behauptet, dass mehrere Gebäude und der Gutenbergplatz selbst unmittelbar vom 50. Breitengrad durchquert werden. Tatsächlich wird jedoch nur das Staatstheater Mainz in ein paar Metern Entfernung tangiert. Ein optischer Verlauf des Breitengrades ist im Planum des Platzes aus touristischen Zwecken durch zwei parallele Eisenschienen markiert, zwischen denen mit Eisenlettern folgende Beschriftung steht: 50. GRAD NÖRDLICHER BREITE. Ein ebenfalls eingelassener, stilisierter Globus markiert den Verlauf des Breitengrades auf der Erdkugel.
Der 50. ist natürlich nicht irgendein Breitengrad. Als der Klimawandel noch ein Begriff war, der allenfalls in eingeweihten Wissenschaftlerkreisen kursierte, markierte der 50. Breitengrad die nördliche Grenze, bis zu der überhaupt Weinbau möglich war. Inzwischen hat sich diese Grenze zwar verschoben, ist aber dennoch weiter untrennbar mit dem Rebensaft der Region verbunden. Auch im Rheingau, unterhalb des Schlosses Johannisberg, ist eine entsprechende Markierung vorhanden. Bis hierher und nicht weiter, so die Tradition, wächst und gedeiht der Rheingauer Riesling. Und die Winzer machen aus der Erderwärmung längst eine Tugend. Sie bauen nicht mehr nur heimische Rebsorten wie Kerner, Silvaner oder Müller-Thurgau an, längst gedeihen hier auch Merlot, Cabernet Sauvignon oder Shiraz.
Der 50. Breitengrad verbindet einige der berühmtesten Weinbauregionen Deutschlands und der nördlichen Hemisphäre: den Rheingau vor der Haustür, Franken weiter östlich, die Mosel etwas weiter westlich von Mainz, bis hin zum fast 8000 Kilometer entfernten Okanagan Valley in der kanadischen Provinz British Columbia. Der Wein vom 50. Breitengrad ist also ein besonderer. Am besten überzeugen Sie sich selbst davon beim Besuch eines der zahlreichen urigen Mainzer Weinlokale (→ Nachtleben).