40 Bilder über 50 Jahre des Wirkens von Marianne Englert (zusammengestellt von Uta Rosenfeld)
Erweiterte Fassung des am 15.03.2016 in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung erschienenen Artikels von Franz-Josef Gasterich
42 Jahre leitete Marianne Englert das Archiv der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie war bereits dabei, als 1948 eine kleine Gruppe die Gründung der F.A.Z. vorbereitete, die dann am 1. November 1949 erstmalig erschien. Das Archiv begleitete und unterstützte die Redaktion von Beginn an. Mit Zähigkeit, klugen Ideen, beträchtlichen Anstrengungen und der ihr eigenen Überzeugungskraft gelang es ihr trotz aller Schwierigkeiten der Anfangsjahre ein leistungsfähiges Archiv aufzubauen, dessen Inhalte und Methodik in den Folgejahren fortwährend perfektioniert wurden. Insbesondere mit dem von ihr erdachten, ausgefeilten Ordnungssystem, der „Klassifikation“, setzte die gebürtige Frankfurterin Maßstäbe. Das F.A.Z.-Archiv wurde so zum Idealtyp eines klassischen Pressearchivs in Papierform, das als das bedeutendste Archiv einer deutschen Tageszeitung gilt. Stets im Blick behielt sie dabei, dass das Archiv zuvorderst und zuallererst den Ansprüchen und Interessen der Redaktion zu genügen hat, auch wenn diese hoch und anspruchsvoll sind. Gleichzeitig war ihr die Notwendigkeit bewusst, immer auch die Kosten-Nutzen-Relation im Auge zu behalten.
Frühzeitig erkannte sie die heraufziehende Digitalisierung der Archive als Chance und Herausforderung. Sie traf die notwendigen Vorbereitungen, so dass das F.A.Z.-Archiv heute voll digital arbeitet und als einziges Archiv einer überregionalen Tageszeitung in Deutschland über sämtliche Ausgaben der Zeitung in digitaler Form verfügt. Unter ihrer Leitung unterstützte und begleitete das Archiv von Beginn an die Aktivitäten der Zeitung beim Aufbau der „Neuen Medien“ und benutzte bereits das damalige Bildschirmtext-System, um die Inhalte des Archivs als Bezahlinhalt elektronisch anzubieten. Sie schuf die Voraussetzungen, dass das Archiv der Zeitung zu einem führenden Vermarkter von Zeitungsinhalten und Rechten entwickelt werden konnte, der diese Aufgabe inzwischen auch für weitere namhafte Verlage wahrnimmt.
Darüber hinaus engagierte sie sich ehrenamtlich in zahlreichen Fachgremien und Verbänden der Archivare und Dokumentare. Sie war langjährige Vorsitzende der Fachgruppe der Medienarchivare im Verein Deutscher Archivare und des von ihr mitbegründeten vfm Verein für Medieninformation und Mediendokumentation – in beiden ist sie heute die Ehrenvorsitzende. Ihr Rat und ihr ehrenamtlicher Einsatz waren an vielen Stellen gefragt, ob es um die ihr so wichtigen Fortbildungsthemen, das Berufsbild der Mediendokumentare, den Datenschutz in Archiven, die Herausgabe des Handbuchs der Pressearchive, die Organisation der Verbandstagungen, die Nutzung internationaler Datenbanken in den Medien oder um Fragen von Fachkollegen ging, für deren eingehende Beantwortung sie sich auch bei überbordender Arbeitsbelastung stets Zeit nahm.
Die Profession dankte es ihr mit persönlicher und fachlicher Anerkennung. 1984 erhielt sie für ihre Verdienste das Bundesverdienstkreuz. Der Verein der Mediendokumentare benannte einen Nachwuchsförderpreis nach ihr.
Am 15. März 2016 feierte Marianne Englert, die unbestrittene Doyenne der Pressedokumentare, ihren 90. Geburtstag im Frankfurter Dornbusch im Kreise ihrer Familie.
Von Franz-Josef Gasterich